Die Blindschleiche
Die meisten werden sie schon irgendwo in Feld, Wald oder Wiese entdeckt haben. Bei vielen lösen sie Ekel aus, einige halten sie für eine Schlange und wiederum andere freuen sich über die gar nicht blinde Blindschleiche (Anguis fragilis). So wie ich. Wir teilen mit ihr unseren Garten, ab und an verirrt sich auch mal eine in unseren Keller. Gartenbesitzer können sich freuen, wenn sie Blindschleichen als Mitbewohner haben: sie fressen besonders gerne Nacktschnecken, aber auch Insekten, Würmer und Asseln.
Leider werden sie häufig Opfer von Rasenmähern und Hauskatzen, oder werden überfahren. Auch Raubvögel, Füchse und Dachse verspeisen sie sehr gerne.Aber warum wird die Blindschleiche eigentlich Blindschleiche genannt, obwohl sie doch gar nicht blind ist? Und warum heißt sie mit wissenschaftlichem Namen „Anguis fragilis“ (zerbrechliche Schlange)? Dabei ist sie doch gar keine Schlange, sondern eine beinlose Echse.
Der irreführende Begriff „Blind“ kommt von dem althochdeutschen Wort „Plint“ für blendend bzw. „Plintslicho“ (blendender Schleicher) und bezieht sich auf den metallenen Glanz des Schuppenkörpers. Der „Hartwurm“, wie die Blindschleiche früher auch genannt wurde, sieht nur auf den ersten Blick so aus wie eine Schlange. Sie bewegt sich recht steif, anders als die sehr beweglichen Schlangen. Das kommt daher, da das Knochengerüst aus vielen kleinen, starren Knochenplättchen besteht. Auch haben sie bewegliche Augenlider, die sie auch schließen können. Sie müssen ihr Maul öffnen zum züngeln, Schlangen wiederum haben eine kleine Lücke in der Oberlippe.
Das Reptil des Jahres 2017 ist eilebendgebährend („ovovivipar“). Das bedeutet, dass die dotterreichen Eier im Mutterleib ausgebrütet werden. Nach etwa 11-14 Wochen schlüpfen die Jungtiere (meist 8-12 Stück) im Körper der Mutter und kommen mit einer dünnen Eihülle auf die Welt. In unserem Bananenstaudenbeet habe ich schon oft Nester mit Jungen gefunden, bei der Gartenarbeit muss ich immer sehr aufpassen.
Blindschleichen gelten nicht als gefährdet, stehen aber dennoch unter Natur- und Artenschutz und dürfen nicht gefangen oder gejagt werden. In Gefangenschaft können sie bis zu 50 Jahre alt werden, freilebende Tiere erreichen dieses Alter eher selten, aufgrund der vielen Fressfeinde und Unfallgefahren, denen sie zum Opfer fallen.
Einen Tipp will ich noch als Abschluss meines Blindschleichen-Reports geben: Falls Sie einem Tier über die Straße helfen oder es aus einer anderen misslichen Lage retten wollen, greifen Sie sie nicht am hinteren Ende des Körpers. Blindschleichen werfen bei Gefahr einen Teil ihres Schwanzes ab. Möglich ist das durch „Sollbruchstellen“ in den Schwanzwirbeln. Der Schwanz wächst dann aber nicht nach, es bildet sich ein Stumpf.
Ich hoffe, Sie freuen sich in Zukunft auch über den „blendenden Schleicher“, wenn Sie ihm begegnen und helfen ihm über die Straße. Möglicherweise zieht er als Dankeschön auch in Ihrem Garten ein.
Stefanie Pietsch
Quellen: Artenporträt Blindschleiche – NABU
Ein Beitrag aus unserer Serie zum Moosweier, siehe www.buergerverein-landwasser.de/moosweiher-blog .