Landwasser gestern und heute

Im Frühjahr 1963 erteilte die Stadtverwaltung Freiburg der GEWOG, einer Gesellschaft der Unternehmensgruppe NEUE HEIMAT, den Auftrag, die Möglichkeiten einer Stadterweiterung zum Zwecke des Wohnungsbaues im Gebiet Landwassermatten/Mooswald zu untersuchen.

Am 28. April 1964 beschloss der Freiburger Gemeinderat aufgrund der vorgelegten Planung den Bebauungsplan für einen ganz neuen Stadtteil im Westen der Stadt, für das Gebiet „Landwassermatten“, ein sumpfiges Waldgebiet. Im Frühjahr 1965 begann mit dem ersten Spatenstich die Bautätigkeit und im Juni 1966 konnten die ersten Bewohner einziehen. Bereits im Februar 1968 wurde die tausendste Wohnung bezogen. Die Bebauung war eine geplante Mischung von Hochhäusern und großen Wohnblocks einerseits, andererseits von Bungalows und Einfamilienhäusern am südwestlichen Rand des Wohngebiets.

Bewohner waren vorwiegend junge Familien, die hier relativ preisgünstigen Wohnraum fanden. 1971 wurde mit dem Bau von Landwasser-Mitte begonnen, das insbesondere durch die sog. „Max- und Moritzbauten“ in der Wirthstraße in Erscheinung tritt. Das sind elf 6- bis 18-stöckige Mietshäuser – ein stark verdichteter Hochhauskomplex mit Sozialwohnungen im Stil jener Jahre – mit insgesamt 325 Wohneinheiten. Dadurch wurde ein weiterer Bevölkerungszuwachs bewirkt.

Die höchste Einwohnerzahl wurde 1975 mit 9423 Einwohnern erreicht.

In historisch gewachsenen Strukturen stellt in der Regel der Ortskern den zentralen Treffpunkt dar. Auch in Landwasser übernimmt diese Aufgabe das Stadtteilzentrum, auch wenn dieses nicht über die Jahre gewachsen, sondern planerisch lanciert worden ist. Maßgeblich geprägt wird es durch das Einkaufszentrum (EKZ) sowie verschiedene soziale Infrastruktureinrichtungen, die sich alle um den Platz der Begegnung gruppieren. Auf diesem Platz befindet sich auch der Marktplatz, auf dem zweimal wöchentlich ein Bauernmarkt seine Waren anbietet. Hier laufen auch Hauptfußwege zusammen, hier sollte der Mittelpunkt des neuen Stadtteils sein.

Neben dem evangelischen Zachäus-Gemeindezentrum befinden sich hier das Gemeindezentrum der katholische Kirche St. Petrus Canisius einschließlich der beiden konfessionellen Kindergärten, das Haus der Begegnung (HdB), die Albert-Schweitzer-Schulen (ASS) mit Grundschule, Werkreal- und Förderschule (heute Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Lernen, kurz: SBBZ Lernen) sowie die Kindertagesstätte Landwasser. Das Stadtteilzentrum ist somit die räumliche und funktionale Mitte des Stadtteils.

Weitere Einrichtungen ergänzten im Laufe der Jahre die Infrastruktur Landwassers. Das Krankenhaus der evangelischen Diakonie mit dem Pflegezentrum Landwasser speziell für Demenzerkrankte
und dem Haus Landwasser sowie eine private Praxisklinik, ein Dialysezentrum, die Freie Christliche Schule und ein überregionales Ausbildungszentrum der Handwerkskammer finden sich in der Wirthstraße. Ein Heizwerk, das Gas aus einer nahe liegenden, stillgelegten Mülldeponie nutzt, versorgt einen Teil der Wohnungen mit Fernwärme. Entlang der Auwaldstraße haben sich das Regionale Rechenzentrum, eine Tankstelle und ein Autohaus angesiedelt, wo bei das Autohaus in den ver-gangenen Wochen seine Pforten geschlossen hat.

Im Spechtweg gibt es seit über 30 Jahren eine Seniorenwohnanlage mit Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt, im EKZ ist seit über einem Jahr das Quartiersbüro für den Stadtteil untergebracht.

Am Nordrand des Stadtteils, fernab der Wohnbebauung an der Autobahn, befinden sich das Tierhygienische Institut Freiburg (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt) und eine Kleintierklinik. Darüber hinaus gibt es Arztpraxen, Bank und Sparkasse, Dienstleister, Lebensmittelversorgung (Vollsortimenter und Discounter) und Kleingewerbe.

Die Planung Landwassers sah vor, möglichst weitgehend den Fußgänger- vom Fahrverkehr zu trennen. Große Teile des Fußwegnetzes sind vom Straßenverkehr vollkommen losgelöst. Während die Fahrzeuge von der Peripherie her an das Wohngebiet herankommen, bleibt die innere Zone den Fußgängern überlassen.

Der Entwicklung unnötigen Verkehrsaufkommens sollte durch Konzentrierung der hohen Bebauung in der Nähe des Hauptstraßenanschlusses vorgebeugt werden. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln war Landwasser anfänglich lediglich über eine Omnibuslinie erreichbar. Endhaltestelle war die heute noch vorhandene Wendeschleife Moosgrund. Diese Linie wurde abgelöst mit der Inbetriebnahme der Stadtbahnlinie 1 am 14.6.1985 und damit dem Ausbau der Endhaltestelle „Am Moosweiher“ zu einem Verkehrsknoten mit der Anbindung von Hochdorf und der March. Der damalige OB Dr. Rolf Böhme betätigte sich bei der Jungfernfahrt zunächst als Schaffner und das letzte Stück ab Paduaallee auch als Fahrer der Straßenbahn. Kinder von der Albert-Schweitzer-Schule I und weitere Gäste begrüßten die Straßenbahn mit Wimpeln und Blumen an der Endhaltestelle. Anschließend gab es ein großes Fest auf der Wiese am Moosweiher. Die Verlegung des Haltepunktes der Breisgau-S-Bahn vom Stadtteil Mooswald nach Landwasser brachte eine weitere Erschließung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs.

Wahrzeichen des Stadtteils ist der „Rote Otto“, eine zwölf Meter hohe rote Figurengruppe aus Polyester und Beton, die 1973 an herausgehobener Stelle aufgestellt wurde. Die formal stark reduzierten Figuren von Mann und Frau des Künstlers Eberhard Rau können sich im oberen Bereich der Plastik je nach Luftbewegung drehen. Witterungsbedingt hatte die Plastik in den vergangenen Jahren stark gelitten und es wurde von der Stadt in Erwägung gezogen, diese aus Sicherheitsgründen abzureißen. Der Bürgerverein Landwasser hat sich mit Unterstützung zahlreicher Befürworter erfolgreich für den Erhalt des Roten Otto eingesetzt und so konnte eine Sanierung der Plastik 2014/2015 durchgeführt und am 4.8.15 rechtzeitig zum Jubiläum durch OB Dr. Salomon und Baubürgermeister Prof. Dr. Haag den Landwasseranern wieder übergeben werden.

Landwasser liegt im Nordwesten der Stadt Freiburg, circa 4,5 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und umfasst rund 125 Hektar. Davon sind 70 Hektar Siedlungsfläche (Gebäude und Grundstücke), rund 35 Hektar Verkehrsfläche (wie Straßen und Plätze) und rund 20 Hektar unbebaute Fläche (wie Wälder und Wasserflächen). Nördlich angrenzend befindet sich der Stadtteil Hochdorf, im Nordosten liegt Brühl, Mooswald im Südosten und Lehen im Westen. Allerdings gibt es verschiedene naturräumliche und verkehrsinfrastrukturell bedingte Zäsuren zwischen Landwasser und seinen Nachbarstadtteilen. Die Begrenzung nach Westen ist der Lehener Berg, nach Norden die Bundesautobahn 5 (BAB 5). In nordöstlicher Richtung wiederum verläuft die Bahntrasse der Breisgau S-Bahn (BSB) und im Süden die Paduaallee. Der Stadtteil ist demnach von drei Seiten von großen Verkehrsinfrastrukturen umschlossen.

Doch trotz dieser „Insellage“ präsentiert sich Landwasser aufgrund seiner kompakten Siedlungsstruktur und seines ausgeprägten grünen Siedlungsrandes weitestgehend als ruhiger Wohnstandort.

Wolfgang Klinger


Aus Jubiläumsheft “50 Jahre Landwasser” (2016)